Sperrung für Wassersportler schlägt hohe Wellen

Vereine, Verbände und Ausbilder wehren sich vehement gegen die Sperrung von linksrheinischen Stillwasserflächen

Rege Beteiligung an der Versammlung der Interessensgemenischaft im Weingut Allendorf.
Rege Beteiligung an der Versammlung der Interessensgemenischaft im Weingut Allendorf.

Nachdem die Stillwasserfläche im Bereich der Ilmenaue/Fulderaue im Eilverfahren für den Wassersport gesperrt wurde, formiert sich nun Widerstand. Sportvereine, Eigentümer und Verleiher sehen sich in ihrer Existenz bedroht und kündigen Klagen an. Der NABU hingegen spricht von "Zuständen wie in einem Freizeitpark".

In einer Allgemeinverfügung vom 23. Juli hat die rheinland-pfälzische Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd (SGD Süd) ein Befahrensverbot der Stillwasserbereiche im Naturschutzgebiet "Fulder Aue - Ilmen Aue" erlassen und mit Verweis auf die besondere Dringlichkeit den sofortigen Vollzug angeordnet. Die betroffenen Vereine und Verbände wurden im Vorfeld nicht informiert oder angehört und erhielten nur per Zufall von dem Verbot Kenntnis. Selbst die Wasserschutzpolizei wurde erst am 1. August informiert.

Betroffene wollen
sich juristisch wehren

Am vorvergangenen Mittwoch trafen sich rund 50 Vertreter der betroffenen Vereine und Verbände sowie von Verleih- und Ausbildungsunternehmen, um sich über die Folgen des Verbots auszutauschen und Möglichkeiten zu erörtern, wie man dagegen vorgehen könnte. Fünf Vereine und der Eigentümer der Ilmenaue kündigten Klagen gegen die Allgemeinverfügung an. Den Klagen wollen sich verschiedene weitere Vereine dies- und jenseits des Rheins anschließen. Christel Lenarz, Vorsitzende des Hessischen Landesverbandes Motorbootsport (HELM) räumt einer Klage gute Chancen ein. "Die Allgemeinverfügung weist sachliche und fachliche Mängel auf", so Lenarz. Birgit Fluhrer, Vorsitzende des Rüdesheimer Yacht-Clubs (RYC) und eine der Organisatorinnen der Versammlung, betonte, man strebe einen sinnvollen Ausgleich zwischen Naturschutzinteressen und den Bedürfnissen der Wassersportler an.

Christian Koch, Vorsitzender der Wassersportfreunde Budenheim (WSF), zeigte sich über das aktuelle Verbot irritiert. Anlässlich des 50-jährigen Bestehens des Vereins und der Verleihung der 'Blauen Flagge', eines anerkannten Umweltsiegels, habe man vonseiten der Politik und Verwaltung noch die „Wichtigkeit und Verträglichkeit des Wassersports mit dem Naturschutz“ betont, so Koch. An dem Festakt hatten neben der rheinland-pfälzischen Umweltministerin Katrin Eder auch Prof. Dr. Hannes Kopf, der Leiter der SGD Süd, teilgenommen.

"Eine Sperrung der Stillgewässer wäre das Ende des WSV Geisenheim"

Besonders hart trifft das Verbot die Ruder- und Kanuvereine. "Die einzige Möglichkeit, unseren Sport zu betreiben, sind Stillgewässer", so Dr. Ulrich Kau, Vorsitzender des WSV Geisenheim und leitender Verbandsarzt des Deutschen Ruderverbandes, den die Hiobsbotschaft über die Sperrung während seiner Tätigkeit als Olympiaarzt in Paris erreichte. Der WSV besteht seit 1912 und pflegt seit 1930 eine Kooperation mit der Rheingauschule Geisenheim. Hätte das Verbot Bestand, müssten auch die Wassersportangebote des Geisenheimer Gymnasiums entfallen. Im Jahr 2022 belegte der Doppelvierer der Rheingauschule bei 'Jugend trainiert für Olympia' den vierten Platz. Der deutsche Jugendmeister im Junioren-Doppelzweier kommt in diesem Jahr aus den Reihen des WSV.

Wirtschaftliche Existenz steht auf dem Spiel

Die Verleiher und Ausbilder sehen durch das Befahrensverbot ihre wirtschaftliche Existenz gefährdet. Tobias Völker, Geschäftsführer von 'Rheintastisch', weist darauf hin, dass seine Mietboote nur zu Trainingsfahrten und in Begleitung eines Ausbilders in die Stillgewässer einfahren. "Das Fahren mit hohen Geschwindigkeiten, wie es vonseiten des NABU bemängelt wird, sei aufgrund der Leitwerke im Stillwasserbereich ger nicht möglich", erklärt Völker. 'Rheintastisch' ist einer der am Inselrhein aktiven Bootsverleiher, der auch Wassersportler ausbildet und Revierkenntnisse vermittelt.

Auch der Eigentümer der Ilmenaue ist von dem Verbot betroffen und sieht seine Existenz gefährdet: "Ich werde am Betreten meines Eigentums gehindert. Das ist eine schamlose Enteignung". Dabei trage er selbst aktiv zum Naturschutz bei, indem er das 'wilde Betreten' der Insel unterbinde und durch die Bewirtschaftung erst Lebensräume für viele Wildtiere schaffe. "Das ist aktiver Natur- und Artenschutz", so der Eigentümer der Ilmenaue.

NABU: "Wir haben
uns selbst gewundert"

Laut Bardo Petry, dem Vorsitzenden des NABU Zentrums Rheinauen, kam die Allgemeinverfügung ebenfalls überraschend. Ob es sich bei den "örtlichen Naturschutzvereinigungen und ehrenamtlicher Ornithologen", die in der Verfügung als Hinweisgeber genannt werden, um NABU-Angehörige handelt, wollte er nicht bestätigen. Petry verweist darauf, dass die EU-Kommission ein Verfahren wegen mangelhaften Vogelschutzes anstrengen könnte. "Daher musste es schnell gehen", kommentiert Petry die eilge Umsetzung des Verbots. Weiter wollte er sich zu dem Verbot nicht äußern. "Wir sind nicht zuständig, das ist Sache der Verwaltung", so Petry. Allerdings habe die Rechtsabteilung des NABU die Polizei belehrt, so Petry wörtlich.

Gesprächsangebote im Vorfeld hätten die Vereine nicht angenommen. Dem widersprechen allerdings die Sportvereine, die ihrerseits eine mangelnde Gesprächs- und Dialogbereitschaft des NABU kritisieren.

Verdrängungseffekte befürchtet

Die betroffenen Vereine befürchen, dass es durch das Verbot zu einem Verdrängungseffekt kommt. So könnten Wassersportler in andere Bereiche ausweichen, wie beispielsweise in die Mariannenaue, wo bereits am vergangenen Wochenende eine ungewöhnlich große Zahl an Sportbooten beobachtet werden konnte. Dies könnten die zuständigen Behörden zum Anlass nehmen, auch hier Verbote auszusprechen oder auszuweiten. Auf diese Weise käme der Wassersport in den Stillgewässern des Inselrheins praktisch zum Erliegen, so die Befürchtung der Vereine.

Die Vorschläge der Interessensgemeinschaft

'Wieso werden ausgerechnet die Wassersportler bestraft, die sich umwelt- und naturschutzbewusst verhalten?', so der Tenor der 50 Vereinsvertreter. Ihnen sei die Natur und die Umwelt ebenso wichtig wie den Naturschützern und Vogelkundlern. Die Wassersportler betonen, dass auch ihnen der Natur- und Artenschutz am Herzen liegt. Man agiere stets als Multiplikator für die Anliegen des Naturschutzes und weise andere Wassersportler konsequent auf ein eventuelles Fehlverhalten hin. Die Vorschläge der Interessensgemeinschaft beinhalten unter anderem:

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Kommentare

Sperrung der Stillgewässer

Sehr geehrte Damen und Herren, Naturschutz ist ein christliches Gebot. Was hier geschieht ist, dass der Naturschutz einen höheren Stellenwert erhält als der Mensch. Schade, die Vernunft geht verloren, die Ideologie siegt. MfG Ursula Stumm, Waldalgesheim



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