Einmal Gold, fünfmal Silber

Leserinnen und Leser des Rheingau Echos wählten Klaus Justmann zum Rheingauer des Jahres 2024

Michael Gamisch (links und Wolfgang Junglas (rechts) ehrten den Rheingauer des Jahres 2024, Klaus Justmann.
Michael Gamisch (links und Wolfgang Junglas (rechts) ehrten den Rheingauer des Jahres 2024, Klaus Justmann.

Zum zwölften Mal haben die Rheingauer Weinbühne und das Rheingau Echo nach der Rheingauerin oder dem Rheingauer des Jahres gesucht. Zwei Frauen und vier Männer waren von Lesern vorgeschlagen worden, wurden im Rheingau Echo vorgestellt und wiederum wurde von den Lesern abgestimmt, wer ihre Favoritin oder ihr Favorit ist. Am vergangenen Sonntagabend stellten sie sich in der Brentanoscheune in der Talkshow Rheingau Live den Fragen von Wolfgang Junglas. Dabei stieg die Spannung stetig an – und erst am Ende, nach einer ansprechenden Laudatio von Chefredakteur Michael Gamisch, lüftete dieser das Geheimnis: Klaus Justmann hatte die meisten Stimmen bekommen.

„Hatten Sie damit gerechnet?“, fragte Junglas den strahlenden Sieger, der überrascht und überwältigt von seinem Glück nur den Kopf schüttelte, den Beifall und die Gratulationen über sich ergehen ließ und zugleich die Trophäe und den goldenen Umschlag in der Hand hielt. Im ersten Teil der Talkshow hatte er selbstsicher alle Fragen von Wolfgang Junglas beantwortet, der darüber hinaus für ihn und für alle Nominierten ansprechende PowerPoint-Präsentationen vorbereitet hatte, um einen zusätzlichen Einblick in ihre Projekte zu geben. Klaus Justmann aus Rüdesheim ist erfolgreicher Leichtathlet und Triathlet, arbeitet im Dorfladen in Aulhausen, einem integrativen Betrieb der Rheingau Werkstätten Rüdesheim, engagiert sich im Werkstattrat, ist hessischer Athletensprecher von Special Olympics und Mitglied in weiteren Gremien. Sein Handicap besteht vor allem darin, dass er nicht lesen kann, was er mit einer App ausgleicht, die ihm die Texte vorliest. Das ist wichtig für seine Arbeit in den verschiedenen Gremien, in denen vieles digital und online erledigt werden muss. Für den Erhalt des Hallenbads im St. Vincenzstift hatte Klaus Justmann zusammen mit Christa Petry 600 Unterschriften gesammelt, und er setzt sich dafür ein, dass es nach der Renovierung weiterbetrieben werden kann.

Nominiert worden war Klaus Justmann von Elisabeth Florian-Weschta, die den Bereich Sport und Bewegung im St. Vincenzstift leitet. Sie wünschte sich, zusammen mit Manuela Muno, Bildungsbegleiterin und Trainerin im St. Vincenzstift, dass sein Engagement für andere beeinträchtige Menschen öffentliche Anerkennung findet, was mit der Auszeichnung „Rheingauer des Jahres 2024“ nun wahrlich gelungen ist.

Zu Beginn hatte Wolfgang Junglas noch einmal daran erinnert, dass das Format „Rheingauer des Jahres“ seine Idee war und dass er in Michael Gamisch und dem Rheingau Echo dafür seit 2013 einen Partner gefunden habe. In Wort und Bild ließ er alle elf Rheingauer des Jahres Revue passieren und begrüßte diejenigen, die an diesem Abend im Saal anwesend waren, so zum Beispiel den ersten Rheingauer des Jahres von 2013, Jean-Dominique Risch, außerdem Wolfgang Blum, Dr. Matthias Ott, Frank Zimmermann und Julian Zell, der jüngste Rheingauer des Jahres von 2023. Auch der dritte Rheingauer des Jahres von 2015 war im Saal: Bernd Hans Gietz. Vor zwei Jahren feierte er sein 70-jähriges Bühnenjubiläum und an diesem Abend war er Teil des musikalischen Programms. Mit beeindruckender Leichtigkeit spielte er auf dem Piano ein Medley aus der Westside Story und brillierte anschließend mit einem eigenen Arrangement zu „When The Saints Go Marchin‘ In“. Dabei habe er sich vorgestellt, wie sich Beethoven und Eugen Cicero im Himmel begegnet seien und Klassik und Jazz miteinander in Verbindung gebracht hätten, erläuterte er. Für seine gelungenen Darbietungen durfte sich Bernd Hans Gietz über den begeisterten Beifall des Publikums freuen.

Gastfreundschaft

„Was macht einen guten Gastgeber aus?“, wollte Junglas von Ulrich Bachmann aus Eltville wissen, der in der alphabetischen Reihenfolge der Nominierten der erste war. Natürlich konnte Bachmann beantworten, auf was es dabei ankommt, ist er doch inzwischen seit 20 Jahren Gastgeber und Moderator im Bereich Wein und Kultur. Junglas selbst hat bereits die Gastfreundschaft über den Dächern von Eltville kennengelernt, als er seine Lieblingsmusik vorstellte und hat seinerseits Bachmanns Wein+Kultur in seinem Buch „Weinorte im Rheingau“ als gastfreundlichen Ort vorgestellt. Auch über seine Rolle in der Philipp-Kraft-Stiftung informierte Ulrich Bachmann das Publikum – immer mit den passenden Fotos auf der Leinwand.

Auch Günther Kober vom Wallufer Rheinadel wusste die Bühne zu nutzen, um das gesellige Miteinander am Alten Bock, dem einstigen KD-Anleger am Wallufer Rheinufer, stimmungsvoll vorzustellen. „Wir sind nicht nur für die Wallufer da, sondern für alle Rheingauer und darüber hinaus“, warb Kober für die wöchentlichen Treffen. Er stellte außerdem die gemeinnützige Arbeit des Rheinadels vor, wie das Pflanzen und Pflegen von 118 Rosenstöcken durch Paten, zudem Rad- und Wandertouren, und auch sein Engagement in der evangelischen Heilandsgemeinde.

Jin Liang aus Rauenthal betrat die Bühne als Kandidatin und auch als Pianistin, denn sie spielte vor dem Interview eine Eigenkomposition, die leicht dahinperlte und vom Publikum mit viel Beifall honoriert wurde. „Paper Plane“ heiße das Stück, antwortete sie anschließend auf Wolfgang Junglas Frage, der sich besonders für ihre Tätigkeit als Musikpädagogin und die Erfolge ihrer Schüler bei „Jugend musiziert“ interessierte, was sie auf ihre eigene Leistungsorientiertheit zurückführte, die sie offenbar ihren Schülern gut vermitteln kann. Er machte ihr außerdem das Angebot für einen Auftritt auf der Rheingauer Weinbühne, wenn sie ein Konzept ausarbeiten würde, gerne auch mit ihrem Mann Andreas Rimello. Mit einem Schmunzeln sprach Jin Liang über deutsch-chinesische Missverständnisse, versicherte aber auch, dass der Rheingau für sie zur zweiten Heimat geworden sei.

Mitgestalten

Miriam Kowalewsky aus Geisenheim machte im Gespräch mit Wolfgang Junglas deutlich, dass sie sich mit allen friedlichen Mitteln für die freiheitlich-demokratische Grundordnung einsetze und sich freue, dass sie als überzeugt parteilose Kämpferin für Vielfalt im Rheingau mit einem Team Anfang des Jahres eine Demo gegen Rechtsextremismus am Geisenheimer Dom mit 3.000 Menschen auf die Beine habe stellen könne. Das danach gegründete Bündnis für Demokratie Rheingau bringe sich auf vielfältige Weise ein, wie auch Fotos von Aktionen und Projekten an verschiedenen Orten im Rheingau zeigten. „Ich habe schon immer gerne das Leben um mich herum mitgestaltet“, versicherte Miriam Kowalewsky.

Als letzter Nominierter durfte sich Mario Pohl aus Lorch den Fragen von Junglas stellen und mit Fotos eindrucksvoll belegen, was sein Schwerpunkt ist: Die Landschaft um Lorch – und nicht nur dort – von Müll zu befreien. Schier unglaubliche Mengen hat er fotografiert, bevor er sie auf der Mülldeponie in Lorch entsorgt hat – rostige Fahrräder, alte Elektrogeräte, Behälter mit Schadstoffen und endlose Mengen an Autoreifen. Wie schon im Vorgespräch machte er seinem Ärger Luft, dass man beispielsweise für die Entsorgung alter Autoreifen bezahlen müsse, obwohl das ein wiederverwertbarer Rohstoff sei. Auch dass der Truppenübungsplatz in Lorch nicht geräumt worden sei, empfindet er als Ärgernis. Wie auf den Fotos zu sehen war, hilft die ganze Familie Pohl bei solchen Aktionen mit.

Keine Rangfolge

Nachdem sich alle sechs Nominierten sympathisch, überzeugend und kurzweilig präsentiert hatten, schritt Michael Gamisch ans Mikrofon. „Es geht hier nicht nur darum, einen Gewinner zu präsentieren, sondern Projekte und Aufgaben vorzustellen, denen sich Menschen widmen“, betonte er in seiner Ansprache. „Damit bietet der Wettbewerb eine Plattform für alle Nominierten, vielleicht durch den größeren Bekanntheitsgrad Unterstützer oder Kooperationen zu finden.“ Von den Nominierten aus allen Bereichen der Gesellschaft wäre bei dieser Wahl keiner an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert, aber natürlich könne am Ende nur einer oder eine die Trophäe mit nach Hause nehmen. „Aber Gewinner sind schließlich alle“, betonte Michael Gamisch. „Denn die Nominierten hatten Gelegenheit, ihr Herzensprojekt vorzustellen und können stolz darauf sein, was sie erreicht haben. Und letztlich können die Rheingauer darauf stolz sein, dass es in der Region Menschen gibt, die mit offenen Augen durch die Welt gehen, Dinge anpacken und Engagement zeigen. Auch das macht diesen Landstrich lebenswert.“ Er hatte dazu ein passendes Zitat von Aristoteles ausgewählt, was gut zum vorbeifließenden Rhein passt: „Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen.“ Und so habe jeder der sechs Nominierten ganz individuell seine Segel gesetzt und Fahrt aufgenommen. „Dabei hilft auch in Zukunft keine KI. Es braucht Menschen mit Herz und Verstand, die Verantwortung übernehmen und handeln. Da hilft kein Algorithmus.“

Wie in jedem Jahr gab es neben „Gold“ für den Gewinner für alle Nominierten „Silber“ ohne Rangfolge, das heißt, alle sind Zweitplatzierte und erhalten die Urkunde zur Nominierung in einem silbernen Umschlag. Zudem gab es für alle als Präsent des Rheingau Echo Verlags noch eine Flasche Winzersekt. In der besonderen Atmosphäre dieses Abends schien es auch keine Enttäuschten zu geben – alle freuten sich von Herzen mit Klaus Justmann.

Zu Beginn seiner Rede hatte Michael Gamisch eine Würdigung des Rheingauer des Jahres von 2014, Martin Vogel, vorgetragen. Er ist am 7. Dezember 2023 im Alter von 85 Jahren verstorben. „Er war einer, der diese Auszeichnung im Herzen trug. Sie war ihm Ehrung und Auftrag zugleich. Sie erfüllte ihn mit Stolz. Und für alle weiteren Preisträger drechselte er einen Fuß aus Holz, um der Trophäe zu Hause einen schönen Platz geben. Keine Verleihung versäumte er, bis ihn seine Krankheit dazu zwang. Alle schätzten ihn als Mensch, als Lehrer und wegen seiner Expertise im Gesundheitssport. Ihm gelang es, Menschen in ihrer Krankheit abzuholen und wieder aufzubauen. Wir werden ihn als Mutmacher stets in Erinnerung behalten.“

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