Budenheim.
– Die SGD Süd hatte im Sommer an den Wassersportlern vorbei eine ganzjährige Sperrung des NSG angeordnet, die bislang nur für die Wintermonate gegolten hatte. Nach heftigen Protesten und eingereichten Klagen wurde der sofortige Vollzug ausgesetzt. Nun sucht die Behörde nach Kompromissen, den langjährigen Konflikt zwischen Wassersportlern und Naturschützern zu befrieden. Die Wassersportler sehen sich zu Unrecht als Störer im NSG angeprangert, während die Naturschützer den hohen Stellenwert des Inselrheins für die Natur betonen. Der vorliegende Kompromissvorschlag der SGD Süd weist nach Ansicht der Wassersportler allerdings starke Schlagseite auf.
Harsche Kritik
an Gutachten
Die Interessengemeinschaft übt scharfe Kritik an den bisher vorgelegten ornithologischen Gutachten. Darin werden weiträumige Sperrzonen für Wassersportler mit Störungen für Wasservögel begründet. Die damit verbundene Gefährdung des Brutverhaltens sei bereits ab 100 bis zu 1.000 Metern spürbar, so der Tenor der Gutachten. Das widerspreche völlig der Erfahrung von Wassersportlern. So zeigen Fotos beispielsweise Zugvögel auf der Reling eines Motorboots oder ganze Scharen von Wasservögeln, am Ufer in kurzer Distanz vom Boot aus fotografiert.
Nicht nachzuvollziehen sei daher der Entwurf der SGD Süd, in den betreffenden Auen 200 Meter auf der einen Seite eines Rhein-Leitwerks für Wassersport zu sperren, während ganz nah auf der anderen Seite in der meist befahrenen Binnenwasserstraße Europas große Schiffe vorbeifahren mit starkem Wellenschlag, lauten Dieselmotoren und Abgasen. Hinzu kämen Lärm- und Sicht-Störungen durch tief fliegende Hubschrauber der US-Streitkräfte und die ebenfalls das Gebiet tangierende Bahn, so die Interessengemeinschaft.
Die bisher präsentierten ornithologischen Untersuchungen seien an großen, ruhigen Gewässern durchgeführt worden. Man könne sie, so empörten sich Mitglieder der Interessengemeinschaft, keinesfalls für eine Bewertung des Verkehrs-Hotspot am Rhein heranziehen. Für den Inselrhein gibt es bislang noch kein entsprechendes Monitoring. Allerdings, so hätten Vogelschützer festgestellt, rasteten hier in den Wintermonaten immer weniger Vögel auf ihrem Weg nach Süden. Für die Interessengemeinschaft Inselrhein ist das ein Argument, jetzt auch die Aufhebung der winterlichen Sperrung der Auen zu fordern.
Für zusätzliche Irritation hatte gesorgt, dass die SGD Süd einen Vogelexperten mit der Erstellung eines maßgeblichen Gutachtens beauftragt hatte, der zugleich Artenschutzreferent der Gesellschaft für Naturschutz und Ornithologie (GNOR) ist. Die GNOR gehört zu den schärfsten Kritikern der Nutzung des NSG durch Wassersportler und begrüßt ihre ausnahmslose Verbannung aus den dortigen Stillgewässern.
"Vorschlag der Behörde nicht ausreichend"
Nach Ansicht der Interessengemeinschaft Inselrhein (IG) ist die von der SGD Süd angebotene Fläche im Naturschutzgebiet Ilmenaue – Fulder Aue weder ausreichend für das notwendige Training jugendlicher Wassersportler (Rudern, Kanu, Segeln) noch für Freizeitgestaltung (SUP, Motorboot) auf dem Wasser. Der Nutzungsvorschlag vom 29. November sieht eine weitgehende Beibehaltung der ganzjährigen Sperrung vor. Nur ein schmaler Streifen am südwestlichen Ende des NSG soll für Wassersportler freigegeben werden. Weite Bereiche, die von Sportvereinen seit Jahrzehnten für Trainingszwecke genutzt worden waren, würden somit entfallen. Grundsätzlich auf die Zustimmung der IG stoßen hingegen die von der SGD Süd vorgeschlagenen flankierenden Maßnahmen. Diese beinhalten Informationsveranstaltungen, eine Kennzeichnung der freigegebenen Bereiche durch Tonnen (Bojen), eine bessere Beschilderung, eine Kennzeichnung bzw. Registrierung der Wasserfahrzeuge sowie ein dauerhaftes Monitoring und ein uferseitige Videoüberwachung.
Die weitreichende Sperrung hingegen sei nicht verhältnismäßig, argumentiert die Interessengemeinschaft. Ornithologische Zählungen hätten keine Verschlechterung des Vogelbestands im Sommer ergeben. Im Winter hätte die bereits geltende Sperrung nicht zu einem Anstieg der Vogelpopulation geführt. Andere Störeinflüsse, wie z. B. die angrenzende linksrheinische Bahnlinie, der Rhein als europäische Wasserstraße, dessen Fahrrinne streckenweise nur wenige Meter am NSG vorbeiführt, sowie der zivile und militärische Flugverkehr, würden eine viel größere Störwirkung entfalten. Die Wassersportler hingegen würden das Gebiet nur in der warmen Jahreszeit und bei geeigneten Wasserstands- und Wetterbedingungen nutzen. Ausweichmöglichkeiten stünden nicht zur Verfügung.
Wassersportler wollen
zu Wort kommen
Die beiden bisherigen "Runden Tische" mit der Genehmigungsbehörde sowie Vertretern von Naturschutzverbänden und Wassersportlern verliefen nach Ansicht der Interessengemeinschaft (IG) wenig zufriedenstellend. Dort habe man ausführliche Vorträge von Behörden und Naturschützern gehört. Die Wassersportler hingegen hätten ihre Belange lediglich in kurzen Wortbeiträgen darlegen können. Die Ergebnisse einer von der SGD Süd durchgeführten Bedarfsabfrage unter den Wassersportlern sei in den vorliegenden Vorschlag zudem nur unzureichend eingeflossen. Beim nächsten „Runden Tisch“ am 13. Dezember in Ingelheim wollen die Wassersportler und Anlieger ihre Argumente in einem Kurzvortrag präsentieren. Ziel der IG ist eine generelle Freigabe des Naturschutzgebietes für muskelbetriebene Wasserfahrzeuge. Segeln und Ankern sowie die Nutzung durch Motorboote soll in gekennzeichneten Bereichen zulässig sein. Auch das Betreten des nördlichen Längsleitwerks soll nach dem Willen der Wassersportler wieder erlaubt werden. Um eine sanfte Nutzung des NSG zu gewährleisten, will die IG durch verschiedene Informationsinitiativen und eine Zusammenarbeit mit dem Naturschutzbund (NABU) auf die Wassersportler und die Öffentlichkeit einwirken. Ob der NABU sich zu einer solchen Kooperation bereitfindet, ist nach dem bisherigen Verlauf der Diskussion jedoch unklar.
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